Talquetamab und Teclistamab beim rezidivierten oder refraktären Multiplen Myelom
Personen mit einem auf 3 Wirkstoffklassen – Immunmodulatoren, Proteasominhibitoren und Anti-CD38-Therapien – refraktären oder rezidivierten Multiplen Myelom (MM) haben eine schlechte Prognose. Für diese Konstellation sind Talquetamab und Teclistamab zugelassen. Eine internationale Phase 1b- und Phase 2-Studie prüfte nun die Sicherheit der dualen Therapie mit den bispezifischen Antikörpern und erhob erste Effektivitätsdaten.
Beide Antikörper binden sowohl an den CD3-Rezeptor auf T-Zellen als auch an ein Antigen auf den Myelomzellen, erläutern die Studieninitiatorinnen und -initiatoren. Im Fall von Talquetamab handelt es sich dabei um GPRC5D (G-Protein gekoppelter Rezeptor Klasse C, Gruppe 5, Mitglied D), bei Teclistamab dagegen um das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA). Auf diese Weise fördern die beiden Antikörper die T-Zell-vermittelte Elimination der Tumorzellen. Der simultane Einsatz der beiden Antikörper gilt als vielversprechend: Man erhofft sich davon eine Potenzierung der therapeutischen Wirksamkeit, eine Resistenzprävention sowie ein beständigeres Tumoransprechen. Eine noch andauernde Multicenterstudie, an der sich Zentren in Kanada, Israel, Südkorea und Spanien beteiligen, identifizierte zunächst im Rahmen einer Phase 1-Dosiseskalationsstudie ein Antikörperregime für die anschließende Phase 2-Prüfung. An der Studie nahmen zwischen 2020 und 2023 94 Personen (medianes Alter 64,5 Jahre) mit einem refraktären oder rezidivierten MM teil. Alle waren im Vorfeld mit Immunmodulatoren, Proteasominhibitoren und Anti-CD38-Therapien behandelt worden. Im Median hatten sie 4 Therapielinien absolviert. Bei 34 Personen (36%) lag eine extramedulläre Erkrankung (mindestens eine nicht bestrahlte extraossäre MM-Manifestation) vor. Den primären Endpunkt bildeten dosislimitierende toxische Effekte. Weiterhin objektivierten die Forschenden unter anderem das Gesamtansprechen (partielles Ansprechen oder besser), die Dauer des Therapieansprechens, die Zeit bis zum Therapieansprechen und das progressionsfreie Überleben.
Ergebnisse
Die Phase 1-Testung umfasste 5 verschiedene Talquetamab-Teclistamab-Dosierungen. Für den Phase 2-Abschnitt wählten die Forschenden folgende Dosiskombination: Talquetamab 0,8mg pro Kilogramm Körpergewicht plus Teclistamab 3,0mg pro Kilogramm Körpergewicht. Beide Antikörper wurden subkutan im Abstand von jeweils 14 Tagen verabreicht. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug insgesamt 20,3 Monate. 44 Studienteilnehmende erhielten die für die Phase 2-Prüfung empfohlenen Antikörperdosierungen. Bei 3 Personen traten dosislimitierende toxische Effekte auf: Eine drittgradige orale Herpesmanifestation, eine drittgradige Erhöhung der Transaminasen sowie eine viertgradige Thrombozytopenie. Letztere trat unter dem Phase 2-Regime auf. Insgesamt 90 Personen (96%) erlitten dritt- oder viertgradige unerwünschte Ereignisse. Am häufigsten handelte es sich dabei um hämatologische Ereignisse – 80% der Behandelten waren davon betroffen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse umfassten das Zytokinfreisetzungssyndrom, die Neutropenie, Geschmacksveränderungen und Hautereignisse ohne Effloreszenzen. Insgesamt 14 Personen (15%) verstarben aufgrund unerwünschter Ereignisse. Infektionen erlitten 84 Studienteilnehmende (89%). In 60 Fällen (64%) handelte es sich dabei um dritt- oder viertgradige Infektionen. 35 von 44 (80%) Personen sprachen auf das Phase 2-Regime an, darunter 11 von 18 Personen (61%) mit einer extramedullären Erkrankung. Im Median dauerte es bis zum ersten Therapieansprechen 1,4 Monate. Insgesamt stellten die Forschenden bei 73 der 94 Studienteilnehmenden (78%) ein Tumoransprechen fest. Die Wahrscheinlichkeit für ein anhaltendes Therapieansprechen nach 18 Monaten betrug insgesamt 77%, mit dem Phase 2-Regime dagegen 86% (inklusive 82% bei Personen mit extramedullärer Erkrankung). Mit dem Phase 2-Regime betrug das progressionsfreie Überleben nach 18 Monaten 70% (extramedulläre Erkrankung: 53%)
Fazit:
Beim rezidivierten oder refraktären MM zeigt die Kombination aus Talquetamab und Teclistamab eine ermutigende Antitumoraktivität, so die Forschenden. Allerdings verursacht sie häufiger dritt- bzw. viertgradige Infektionen als die jeweiligen Einzelwirkstoffe. Alle Dosisstufen erzielten ein Tumoransprechen, das insbesondere unter dem Phase 2-Regime tief und dauerhaft war. Angesichts dieser vielversprechenden Ergebnisse halten sie weitere Prüfungen der dualen Antikörpertherapie für erstrebenswert.
Quelle:
[1] Cohen YC et al. Talquetamab plus Teclistamab in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma. N Engl J Med 2025; 392(2): 138–149. DOI: 10.1056/NEJMoa2406536
Autor Studienreferat: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell